Mosin-Nagant


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Kurz und bündig

Raritäten ( in Arbeit )

Kurz und bündig ...

Baujahr: 1896 (Grundwaffe)

Herkunft: Sowjetunion

Fabrikation: Ishevsk, Tula und (Nachtrag II, November 14) Sestroretsk !!!

Zeitraum: 1893 - etwa 1922


Länge:
103 cm
Lauflänge: 51,5 cm
Gewicht: ca. 3,5 kg

Visier: kurzer Treppenrahmen
(ähnlich dem Karabiner M 1907),
offenes Dachkorn

Entfernung: bis 2000 Arshin

Stückzahl: keine Daten vorhanden


Ein "LOSer Geselle" als Einzelkämpfer


( Karabiner mit Bajonettscheide in einer bisher unbekannten Version )

Die vorliegende Waffe zeigt eine Vielzahl an Details, besser "
Rätseln", welche die eindeutige Zuordnung in ein Verwandschaftsverhältnis unserer Waffenfamilie erschweren.


Dabei ist dieses Kurzgewehr, trotz seiner Seltenheit, bei Sammlern durchaus bekannt, wenn auch vielfach unter fälschlicher Bezeichnung wie "
Dragoner- " oder "Kosakenkarabiner" .... Diese Benennung ist jedoch schlichtweg falsch, wahrscheinlich lediglich entstanden durch das Marketing eines Kontingenthändlers / Importeurs . Hiermit erweist sich dieser Karabiner zunächst einmal als ...

... HeimatLOS

Begründung:
Nach Einführung des Kosaken - bzw. Dragonergewehres (1894 / 1893) bestand kein weiterer Bedarf an speziellen Langwaffen für berittene Truppen. Zuden fußten Tradition (Kosaken) wie auch Ausbildung ( Linienkavallerie, also Dragoner) eindeutig auf Lanze und Säbel als alleinige Blankwaffen des Reiters.

Mit anderen Worten: Das Bajonett war, nicht zuletzt auch wegen seiner defensiven Eigenschaften (siehe hier), in der kavalleristischen Welt Rußlands nicht präsent !!!

Somit entfällt auch die Möglichkeit einer treffenden, will sagen chronologisch wie auch technologisch schlüssigen Einordnung in den Stammbaum unserer Waffenfamilie.

SinnLOS

Grundsätzlich, aber, erscheint der Gedanke, ein nicht benötigtes Bajonett in Ruhestellung (= nach hinten montiert) sicher zu versorgen, als durchaus reizvoll.

Die aufgrund der Produktionsära unseres Belegstückes zwingende Blankwaffe (
Typ M 1891) passt denn auch perfekt -- allerdings nur im aufgepflanzten Zustand.

Um jedoch die rechtsseitig am Schaft angebrachte
Schutztülle nutzen zu können, müßten bei der Negativmontage zwei Hindernisse überwunden werden:

1. Die
massive Warze am Oberring (Bild rechts), sie macht das leichtgängige Einführen der Spitze in die Bajonettscheide fast unmöglich.

2. Der
Putzstock, er behindert das Arretieren der Bajonetthülse nach dem Aufstecken schon im Ansatz.

Um einer Lösung des Rätsels näherzukommen, ist es in diesem Fall nötig beide Anbauten getrennt von einander zu bewerten.


HaltLOS ...

... ist zunächst der Putzstock: Er verfügt im Schaft des Belegstückes über keinerlei Gewindeaufnahme. Besser noch, obwohl an der Unterseite des Oberrings der zeitenössische Durchbruch für einen Putzstock wie auch eine dementsprechende Nut zur Aufnahme im Vorderschaft vorhanden ist, ist das ansonsten mosintypische Utensil gerade an dieser Waffe nicht vorgesehen !!!
Denn: Sämtliche bislang bekannten Belege eines "Nagantkarabiners mit Bajonettaufnahme" verzichten auf einen Putzstock, somit ist dieses Exemplar der nicht einzige Vertreter seiner Familie OHNE Putzstock --- bislang --- !

Bild unten:
Das neueste Belegstück aus dem Besitz von G. Riedesser zeigt dieselbe Eigenart

Ob, und wenn ja, hier irgenwann ein Schaftaustausch (?) stattfand, ließ sich an dieser Stelle schwer sagen, da die abgebildeten Stücke mittlerweile nicht mehr verfügbar sind (eines kaufte ein Sammler in Italien). Zudem zeigen die Aufnahmen, daß die fehlenden bzw. ersetzten Schaftdurchbrüche (ebenfalls typisch für alle anderen Mosin´s) im Gleichklang mit bisherigen Belegstücken ausgeführt sind: entweder sind diese nämlich zugepflockt oder waren beim Schaftfräsen gar nicht erst gemacht worden.

Stattdessen gab es einen
Extraring am Hinterschaft (genauer der Schulterstütze)sowie eine Riemenaufnahme am Oberring.
Insofern
entspricht unser Stück auch in dieser Hinsicht gängigen Belegen, ist also, gewissermaßen, auch ...

... BindungsLOS


Warum allerdings ausgerechnet die Schäfte solcher Waffen über eine Ausfräsung zur Putzstockaufnahme verfügen, hat uns eine Weile beschäftigt ....

Mittlerweile sehen wir eine nachvollziehbare Lösung: Der am leichtesten verfügbare Teil einer Langwaffe ist nun einmal der Schaft. Seine Produktion, Veränderung wie auch der Transport läßt sich mit geringsten Mitteln bewerkstelligen. Ergo ist eine (auch größere) Anzahl von Gewehrschäften stets vorhanden und verfügbar. Somit wäre es für den Entwickler eines neuen Gewhres / Karabiners am Einfachsten, sich aus diesem "Komponenten-Pool" zu bedienen, um hernach lediglich ein Kürzen und die Veränderungen für die neue Riemenbesestigung zu tätigen.
Vorhandene Nuten zur Putzstockaufnahme fielen beim weiteren Umbau nicht in´s Gewicht, bzw. wurden einfach nicht beachtet..

Wir gehen FEST davon aus, daß der Ablauf sich dermaßen vollzog, da dieses die einfachste Lösung darstellt !


Zurück zu "SinnLOS"

Da die im Bild (oben rechts) gezeigte Warze in direkter Linie zur Bajonetttülle liegt bzw. im Wege ist, mußte zwangsläufig eine andersartige Bajonettkonstruktion für genau diesen Zweck erstellt werden.
In Bd. I seines Standardwerks (S. 112) gibt Herr Wrobel hierfür den erlösenden Hinweis:

Genau passend wäre das sog. "Versuchsbajonett des Oberst Gulkewitsch" gewesen !

Hierbei handelt es sich um eine Konstruktion, die zwar den Bruttomaßen des herkömmlichen M 1891 entsprach, jedoch so gebaut wurde, daß durch Ausrücken (= -ziehen) des Stichmoduls in der Längsachse ein anschließendes Umklappen über 180 Grad möglich wurde.

Ideal also zum Anbau an den vorliegenden Karabiner !

Eine Frage der Technik:

Versuchsbajonett
Gulkewitsch im arretierten (unten) und gefalteten Zustand (rechts)



SchutzLOS:
Ähnlich rätselhaft wie der Putzstock erscheint auch, daß, obwohl es Aussparungen zur Aufnahme eines Handschutzes gibt, derselbe nicht vorhanden ist.

Hier jedoch steht unser Belegstück nicht alleine da, bislang verfügt kein bekannter "Karabiner mit Bajonettscheide" über einen solchen Verbrennungsschutz.

Eigentlich UNLOGISCH, denn jeder (
nicht nur Ordonanz-) Schütze weiß: Nach etwa 25 schnellen Schüssen, sprich "5 Rahmen", wird das Gerät so richtig warm (!), eine Berührung des Laufes ist dann ohne Handschutz für viele nicht mehr ratsam ...
Welchen Sinn machen dann die aufwendigen Ober- und Unterringe mit ihren Aufnahmen, wenn letztendlich doch kein Handschutz montiert wurde ???

Bisher wissen wir nur, daß zur Herstellung ( selbstredend unter Laufverkürzung) dieser Mosinkarabiner zeitgenössische russische Serien-Gewehre des Typs M 1891 verwendet wurden. Bekannt sind außerdem auch einige " Westi´s" aus den VSA in dieser Version.
Zu diesem Zweck verbauten die Erschaffer weitgehend auch vorhandene Teile, u.A. die Laufringe in der jeweils aktuellen bzw. vorhandenen Variante.
Die Denke: Ein Handschutz erschien trotzdem NICHT erforderlich !?! - Warum ? -

Nachtrag I :

Geduld wird belohnt. Oftmals dergestalt, daß sich im Netz ab und an neue Belege für echte Raritäten finden ...

Runde Sache: Die farbigen Kreise markieren a) den wegpunzierten Zarenstempel
b) die Pflockung eines früheren Riemenschlitzes (Lupe vergrößert den Ausschnitt)

... so wie in diesem Fall:
Die umstehenden Bilder zeigen einen identischen Karabiner, ebenfalls aus einem
M 91 Baujahr 1896 (Ishevsk) erstellt.
Der Umbau erfolgte
nach dem Machtwechsel in der Sowjetunion ( der zaristische Hülsenstempel ist schon unkenntlich punziert worden).

Nachtrag II : Geduld wurde wieder belohnt.

Endlich gibt es ein neues Bild vom Visier des (vermutlichen) Kosakenkarabiners ..
Eindeutig ist die Einteilung bis 2000 Arshin zu sehen, weiterhin die alte Fixierung ("Aufklappen nach hinten")

Die Sache mit dem Pflock:

Im Bild rechts sieht man die Schaftversiegelung von der anderen Seite

(Cursor bewegt das Bild)

Mittlerweile liegt hierorts die Vermutung nahe:
Es handelt sich hier um die gleiche Zieleinrichtung wie beim "M 1907" ...

Besser noch:
Aus dem Belegstück von Herrn Schindewolf geht EINDEUTIG hervor, daß nicht nur Ishevsk und Tula (wie bislang angenommen), sondern auch die nördlichste Fabrik in Sestroresk die Grundlagen für diesen (auch weiterhin ominösen Umbau) lieferten.
Schade nur, daß die Jahreszahl der Produktion in diesem Fall nicht zu lesen war, aber .... wir warten weiter auf solch seltene Stücke !

Résumé


Trotz des hohen konstruktiven Aufwandes
einer Laufkürzung, einer extra angebrachten Schutztülle für ein (zumindest heute) äußerst rares Bajonett, einer Veränderung des Oberrings mittels Warze, diverser Schaftumbauten mit dem Zweck einer anderen Riemenführung, sollte u.U. keine Möglichkeit mehr vorhanden sein, einen SIMP´LEN Handschutz zu generieren ???
Wir meinen, daß hierin ein eindeutiger Widerspruch liegt !!!

Die Denke geht weiter:
Neben der Tatsache, daß reitende Truppen schon im Vorfeld mit einer speziellen Kürzung versorgt waren, ergibt sich an dieser Stelle zumindest die Gewißheit, daß das vorgestellte Gerät KEINESFALLS für eine dauerhaft im Kampf stehende Truppe gedacht war !!!

Zudem scheint die
Vermutung, daß es sich hierbei um Versuchs- oder gar Vorseriengewehre handeln könnte, ist insofern nicht angebracht, da solche GEWIß aus EINER Produktionslinie und einem Zeitraum stammen würden !!!

Alles in Allem erscheint der hier gezeigte Karabiner somit am Ende sogar ...

HerkunftsLOS ?

Bei der Lösung all dieser Fragen
liegen wir sicher am Nächsten bei derjenigen Waffengattung, welche die zaristischen Militärs seit Napoleon´s Zeiten
( = Zar
Alexander I ) beliebäugelt haben und zu welcher die Russen seit der Regierung ....

... seines Neffen´s Alexander II eine große Affinität entwickelten: Der Artellerie !

Dieses zeigte sich, neben der Tatsache, daß neue Handfeuerwaffen grundsätzlich von einer "Artelleriekommission" bewertet wurden, u.A. auch im hohen Stellenwert der "Artellerieschulen" und deren freizügiger Ausstattung.

Folgt man diesem Gedanken, so wird sich das Rätsel um die Herkunft der "Karabiner mit Bajonettscheide" möglicherweise leicht lösen:

-- Es handelt sich hier höchstwahrscheinlich um den Entwurf für --

a) Eine Waffe, die nicht als Hauptwaffe, sondern zur -hoffentlich nicht vorkommenden- Abwehr gedacht ist
b) Eine Waffe, die -mit geklapptem Bajonett-
nicht sonderlich beim An- und Abspannen der Zugtiere und der Geschützbedienung hindern wird
c) Eine Waffe, die -wegen der geänderten Riemenführung-
nicht beim Reiten oder auf dem Kutschbock der Protze hindert bzw. näher am Körper liegt

Sämtliche Gedanken um die Ausführung unseres Objektes deuten auf eine derartig vorgesehene Verwendung hin. Zudem hatten die zaristischen Artellerieschulen auch die Mittel wie die Freiheiten zu solchen Eigenprojekten. Leider sind vergleichende oder auch bestätigende Unterlagen heute nicht mehr vorhanden.

Eine Vernichtung während des Bürgerkrieges oder im Zuge des II. Weltkrieges ist mehr als wahrscheinlich.



Hiermit endet unsere Recherche zu den LOSigkeiten unseres Gesellen. Wir danken noch einmal unseren beiden Mitarbeitern (Bild unten) für ihren Einsatz und lassen sie zu neuen Zielen ziehen !!!

Ukrainer Kosaken , Öel auf Leinen, Serhii Vasylkivsky, ca. 1890

(
Vasylkivsky war zu jener Zeit der führende ukrainische Genre- Maler. Zugleich ein Liebhaber kosakischen Lebens. Er studierte in St. Petersburg und Paris, seine Motivsuchen führten u..A. nach Italien und in´s "Empire").
-
Affen hat er jedoch nie gemalt ! -


Zum Abschluß: Der oben beschriebene Karabiner ist das typische Beispiel für eine Auktion, bei der ein Verkäufer genau um den historischen Wert des Sammelgegenstandes wußte, und aus diesem Grund auch erst nach mehrmaliger Einstellung des Angebotes zu einem angemessenen Abschluß gelangte.

Obwohl der Autor selber stets auf ein Schnäppchen aus ist, gratuliert er an dieser Stelle herzlichst !!! Immerhin wurde durch solche Beharrlichkeit gewährleistet, daß nicht "irgendein Honk" (Zitat eines anderen Verkäufers in ähnlichem Fall) ein äußerst seltenes Stück ohne wirkliche Würdigung ersteigert.
Hinzu kommt, daß in diesem Falle der Verkäufer es GRUNDSÄTZLICH ablehnte, ein solches Stück durch Umbau (
Deko-/Salut) zu verschandeln.

Es mag vielleicht paradox erscheinen, wenn wir hier eine Seite mit dem Hauptfokus "
Deko-Mosins" veröffentlichen, und trotzdem diese Einstellung begrüßen -- wohlwissend, daß wir ein derartiges Stück dann niemals erwerben dürften !

Der Grund: Es gibt ECHTE Seltenheiten in unserer Waffen-Familie, deren gegebene Beschaffenheit wirklich so bleiben sollte. Darum, auch im Nachhinein, HUT AB vor einer solch konsequenten Einstellung eines Verkäufers / Liebhabers !!!






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