Mosin-Nagant


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M 1891 / 30 I

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M 1891 / 30 I

(Kurzform: M 91/30)

Baujahr: 1934

Herkunft: Sowjetunion

Fabrikation: Tula (auch Ishevsk)

Zeitraum: 1930 - 1937

Länge: 123 cm
Lauflänge: 70,5 cm
Gewicht: 3,8 kg

Visier: Tangentenvisier
mit Stiftkorn und Kornschutztunnel

Entfernung: bis 2000 mtr.

Stückzahl: knapp 2 Millionen,
davon 980 Tsd. (Tula) und
etwas über 1 Mio. (Ishevsk)


Das Einheitsgewehr der Sowjetunion verkörperte die Summe einer mitllerweile 40-jährigen Weiterentwicklung des Urvaters M 1891.


Hierbei wurde eine
Laufkürzung um etwa 7 cm wurde von den Dragoner-/ Kosakengewehren übernommen. Hinzu kamen umfangreiche Maßnahmen zur Qualitätsförderung.
U.A. wurden die Anforderungen an den Laufstahl bzw. die
Maßhaltigkeit der fertigen Läufe auf einen Standard angehoben, welcher derjenigen deutscher und der aufkommenden tschechischen Produktionen annähernd ebenbürtig war. Das belegen zB. Tests, bei denen Rundkugeln des Nennkalibers durch miteinander verschlungene Laufbündel passieren mussten (s. Wrobel Bd. I, S. 144).

Exkurs:
Zum Verständnis dieser Entwicklung, die gewiß nicht zum Standard russischer, erst recht nicht sowjetischer, Industriedoktrin passt, besser- nach gängigem Bild- zu passen scheint, muß an dieser Stelle noch einmal nachhaltig an die wirtschaftspolitische Weltlage der beginnenden 20´er des letzten Jahrhunderts erinnert werden:

Allein zwei Staaten auf der Welt standen zu jener Zeit im negativen Focus der veröffentlichten "Weltmeinung":


1.
Das Deutsche Reich, hatte es nämlich eben erst einen Krieg verloren und unterstand einem Vertrag, welcher im Wesentlichen die industrielle Neuorientierung, jeden eigenständigen Außenhandel wie auch jegliche militärische Reconvalescens verhinderte.

2.
Die neugegründete Sowjetunion, die allein durch eine strikte Ablehnung des neuen "westlichen" Wertesystems unter der Vorherrschaft des Dollars den Mächtigen unangenehm aufgefallen war. Insbesondere eine Verschuldung durch "Hilfe" von außen wurde wiederholt abgelehnt ...

So hatte man beide Staaten,
auf Betreiben der VSA, durch den Völkerbund isoliert bzw. durch britische und amerikanische Handelsblockaden in der Weltwirtschaft ausgebremst.

Die Strategen hinter dem großen Teich rechneten jedoch nicht damit, daß ausgerechnet diese beiden "schwarzen Schafe der Weltpolitik" sich einander nähern würden:

Völlig unvermutet kam denn auch die große Überraschung:

Zunächst unbemerkt hatten sich deutsche und russische Vertreter am Rande der Wirtschaftskonferrenz von Genua im nahegelegenen Rapallo getroffen.
Hieraus entstand der "Vertrag von Rapallo" am 16. April 1922 zwischen dem Deutschen Reich, vertreten durch Walther Rathenau, und der UdssR, unterzeichnet durch Außenminister Georgi W. Tschitscherin.

Das Übereinkommen normalisierte die Beziehungen der beiden Staaten, die hierdurch ihre jeweilige internationale Isolation durchbrechen wollten, und konnte die Verhandlungsposition des Deutschen Reiches gegenüber den Westmächten stärken.

Bild oben: Reichskanzler Dr. Joseph Wirth, (2. v. lks.) mit der Delegation Sowjetrußlands Leonid Krasin, Georgi Tschitscherin und Adolf Abramowitsch Joffe ( Bundesarchiv, Bild 183-R14433 / CC-BY-SA )

Die Details hierzu sollten in den kommenden Jahren exakt ausgearbeitet werden, und mündeten 1925 vorläufig in einem Handelsabkommen.

Jedoch auch hierbei legten einer sorgenlosen Erfüllung durch beide Seiten kredittechnische und (oftmals unerwähnt) vor Allem versicherungsrechtliche Überlegungen derart viele Stolpersteine in den Weg, daß es im Dezember 1928 ergänzend zu einem deutsch-sowjetischen Wirtschaftsprotokoll kam.

Erst ab hier kamen die gegenseitigen Austausche von Waren so richtig in´s Rollen. Hierzu zählten aber auch Dienstleistungen (z.B. Schulung von Personal der Reichswehr / -Luftwaffe an schwerem / -fliegendem Gerät) im Gegenzug für die Lieferung von Raffinerien, Modulen für die Schwerindustrie sowie (immer wieder) die Freigabe von Patenten und die Vergabe von Lizenzen ausschließlich an die aufkeimende Industrie des neuen Staates im Osten !!!

Verbunden mit dieser Vergabe / Freigabe jedoch war auch die unumstößliche Übernahme der deutschen Qualitätsmaßstäbe und der im Reich seit jeher üblichen Nulltoleranz in Richtung Pfusch !!!

Insbesondere Letzteres blieb im sog. "freien Westen" nicht verborgen, drohte doch in Verquickung mit den immensen Ressourcen Rußlands an Arbeitskräften, Rohstoffen und ideologisch stimulierter Aufbruchstimmung gerade hier eine dritte Wirtschaftsmacht neben dem (und nun auch noch mit Hilfe des) ehemaligen Gegner´s zu entstehen....

Kein Wunder, daß die "internationale Reaktion", sprich "Maßnahmen betroffener Kreise", umgehend dazu führten, zumindest einen der beiden Handels-Partner strengestens zur Raison zu rufen:

Schon 1923 bildete eine geringfügige Unterschreitung der Reparationszahlungen Deutschlands an Frankreich den Vorwand zur Ruhrbesetzung durch französische und belgische Truppen !!! Vordergründig ging es dabei um die Sicherung der Zahlungen, jedoch ziehlten Teile dieser Aktion auch auf offenkundige Annexion der besetzten Gebiete.

Generalstreiks
und ein Aufruf des neuen Reichskanzlers Wilhelm Cuno zum "passiven Widerstand" brachten sämtliche Zahlungen zum Erliegen. Zusätzlich wehrten sich sowohl Freikorps als auch Teile des Rote-Frontkämpferbundes
gegen die Besatzung.

"Mitten im sogenannten Frieden" bedroht ein Franzose einen Bürger des Ruhrgebiets ( Bundesarchiv, Bild 183-R09876 / CC-BY-SA )

Letzten Endes drohte das Ziel "Gesicherte Reparationszahlungen" in allzu weite Ferne zu entgleiten. Erst Recht, da eine staatliche Lohnfortzahlung während des Streiks sich nur über die Notenpressen erfüllen ließ und somit die Inflation in Deutschland anheizte.
Zuden sorgten gewaltätige, teilweise tödliche,
Übergriffe gegen Streikende und Bürger (s.Bild oben) für "schlechte Presse", auch im Ausland. Diese Einsicht brachte die Alliierten schließlich zur Besinnung bzw. Anpassung ihrer Forderungen an die Wirtschaftskraft der Weimarer Republik. Mit der Erfüllung des hieraus entstandenen "Dawes-Plans" endete die Besetzung im August 1925.

Wesentlich freundlicher waren die Auswirkungen von "Rapallo" in der sich festigenden Sowjetunion:
Zum Schutz gegen reparationsgültige Enteignung seiner Wirtschaftsleistungen quittierte das Deutsche Reich einen Teil seiner Risiken über ein Bankenkonsortium in Form von "Ausfallbürgschaften". Somit hatten beide Partner genügend volkswirtschaftlichen Spielraum (ohne Druck von außen). Immerhin gereichte dieser Blanko bis hin zu etwa 700 Mio. Reichsmark im Jahr 1931.

Somit verständlich, daß es nunmehr auch im Bereich der Produktion unserer Drei-Linien Gewehre, bedingt durch einen großen monetären Freiraum, leichter fiel, nachhaltige Qualitätssicherung nach dem Vorbild des Haupthandelspartners zu erstellen,
- und auch zu verwirklichen !!!

(Exkursende)

Zurück zum Einheitsgewehr:

Die Exememplare aus den Vorserien wiesen noch die allermeisten Merkmale eines "Dragoner´s" auf, u.A. auch dessen anfälliges Visier.
Das M 1891 / 30 zeigt nun endlich das fortschrittliche neue Tangentenvisier. Vorbei war die Zeit der verbogenen Visierblätter, welche am Treppenrahmen der Dragonergewehre weitgehend ungeschützt auflagen. Das neue metrische Blatt ist jetzt wesentlich massiver, zusätzlich geschützt durch
robuste Seitenbacken, auch der Schieber und die Kimme erscheinen fortan richtig handfest.

Bild rechts:
Kleine Anleihe beim deutschen
Mauser G 98. Obwohl der Kurvenzwang anders erfolgt, ist das "Lange"-Visier hier klar als Pate erkennbar

Zusätzlich zu dieser Maßnahme erhielten die neuen Waffen (zumindest ab 1931) auch ein weiterentwickeltes Korn.
Die alte Form des Dachkorns erschien den Entwicklern nicht mehr zeitgemäß, war vielleicht auch zu aufwendig. Außerdem verlangte der militärische Gebrauch auch hier einen
Schutz gegen mechanische Einwirkungen. Das Ergebnis zeigt unser Bild (links), ein Stiftkorn mit Kornschutztunnel.
Bei Bedarf (
Hochschuss) konnte dieses durch ein längeres vom Waffenmeister im Feld einfach ausgetauscht werden. Im umgekehrten Fall standen auch kürzere Einsätze zur Verfügung.
Diese Teile waren
genau definiert, ihr Austausch nach Schießtabellen wesentlich einfacher und effektiver als Feilversuche bzw. Auflöten nach dem Daumenprinzip !!!

Selbstverständlich verblieb auch die Sowjetarmee bei der Schaffung des Einheitsgewehres für ihre Soldaten in der "Tradition des Bajonettes". Da die Konstrukteure des Jahres 1927 jedoch im Zuge ihres "Großen Wurfes" auch Mängel des alten Seitengewehrs vom Typ M 1891 ausmerzen wollten, so kamen sie schnell auf dessen anfällige Verriegelung.

Längst war bekannt, daß....
a) diese umständlich in der Bedienung
b) sie
anfällig gegen Beschädigung
c) in der Herstellung zu
aufwendig .....war

Abhilfe schaffte nun eine Änderung, bei der im Wesentlichen die Außenmaße beibehalten wurden.

Bild rechts: Die Laufhülse des Bajonetts M 91 / 30, Querschnitt, Länge und Gestaltung der Spitze blieben gleich


Lediglich der Klemmring entfiel, stattdessen sorgte ein federbelasteter Drücker nun für die Arretierung.

Die "Hochzeit" konnte somit fortan ohne umzugreifen in einer Bewegung vollzogen werden:

Das Gewehr steht mit dem Kolben auf dem Boden. Das
Bajonett wird über die Mündung gestülpt, ein kurzer Druck auf die Klinge setzt den Drücker zurück und eine Linksdrehung der Stichwaffe läßt den Kornsockel in die Tüllenaussparung rutschen.
Der Drücker arretiert durch die Federbelastung hernach automatisch. Fertig, kein Umgreifen, kein Drücken und Quetschen des Verriegelungsringes über das Korn herüber oder an der Hinterseite dessen Sockels vorbei.

Bild oben:

Der Drücker kurz vor´m Arrettieren, eine kleine Drehung des Bajonettes noch - und er springt wieder hervor

Eine weitere Modernisierungsmaßnahme war die Änderung der Ober- und Unterringe:

Schon während der Produktion der Dragonergewehre hatte man die alten, aus dem Vollen gefräßten und zudem verschraubten Ringe des M 1891 durch einfachere ersetzt. Zwar noch immer material- und zeitfressend erstellt, jedoch mit einer einfachen Nietknopf unterhalb der Aufnahmerinne für den Putzstock versehen.
Der Nachteil (neben Materialverlust) jedoch: einmal plaziert, ließ sich ein solcher Ring nur schwer lösen. Dieses war aber nötig, wenn beispielsweise Maßnahmen am Schaft oder System fällig wurden. Hierzu zählen nicht nur Reparaturen, sondern auch eine nötige Grundreinigung / Trockenlegung nach schlammigem oder nur längerem Einsatz im Regen. Aber auch der simple Austausch eines deffekten Handschutzes!
Ab 1932 erhielt unsere Einheitswaffe deshalb praktische, zugleich in der Herstellung viel günstigere, Ringe aus Federstahl.
Die zugehörigen
Ringfedern jedoch wurden nach wie vor noch gefräßt.

Bild oben:
Unterring aus Federstahl, deutlich zu sehen ist, wie Zunge und Nut zusammenpassen

Bild oben:
Oberring, ebenfalls Federstahl, auch hier verhindern die Passungen eine Torsion

Die hexagonale Systemhülse:

Auch hier blieben die Entwickler zunächst bei Altbewährtem, die mosintypische kantige Kammerhülse bildete auch weiterhin das Herz des neuen Standardgewehrs.

Allerdings nur bis zum Jahre
1936, ab dem eine erneute Überarbeitung des M 1891/30 als "Modell II" erschien. Von da an sollten diese Hülsen rund ausgeführt sein.

So ganz abrupt verlief jedoch die Umstellung in den beiden einzigen noch verbliebenen Produktionsstätten
Tula und Ishevsk nicht: Einige Belegexemplare des Modell I zeigen deutlich das Herstellungsjahr 1937 !

Hierbei handelt es sich um einzelne
Produktionslose der neuen Einheitswaffe aus der Zeit vor der Umstellung an den Bändern, welche ihre Komplettierung (und auch damit die Stempelung) erst im Folgejahr erfahren haben...


Zum Schluß noch zu unserer Einteilung der Modelle in "I" und "II":

In der Literatur des Ursprungslandes ist diese Klassifizierung, ebenso wie der Name "Mosin-Nagant-Gewehre", nicht zu finden !
Wir übernehmen sie, nicht zuletzt unter Nachschau beim
führenden Fachautor, Herrn Karl-Heinz Wrobel, aus gängigen Einteilungen unter Sammlern anhand hervorstechender Merkmale. Hierbei wird sich bemüht, das Raster möglichst grob und nachvollziehbar zu halten. Dazu gehört auch, offensichtliche Varianten zwar am Rande zu beschreiben, jedoch nicht allzu sehr zu gewichten !

Uns ist immer bewußt, daß eine tiefergehende Zergliederung den Rahmen unserer Seiten sprengen würde.
Deshalb verweisen wir den so richtig Interessierten gerne auf die Fachliteratur (bevorzugt obigen Autor´s) !!!




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